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Vichyssoise: Selleriesuppe nicht von der Stange

Kategorie: Gattung: Sonstiges, Gemüse, Suppe

Anzahl: 1 Text



Kartoffel
Stangensellerie
REF




Michael Merz in Beobachter
- 17/00
Vermittelt von R.Gagnaux

Originaltext von Michael Merz:

Genau das Richtige für den Spätsommer: eine kalte, leichte
Kartoffel-Sellerie-Suppe. Für ihre einmalige Spritzigkeit sorgt ein
Schluck Mineralwasser # es muss nicht aus Vichy sein.

Stets im Spätsommer packt mich unweigerlich die Lust auf eine kalte
Vichyssoise. Zur Freude meiner Freunde: Weil es sich nämlich nicht
lohnt, Suppen für bloss vier oder sechs Personen zuzubereiten, lade
ich jeweils zum grossen Mahl ein. So kommt meine Vichyssoise in
genügender Menge frisch auf den Tisch, und Reste gibt es auch nicht.
Das ist wichtig, denn so fabelhaft eine wirklich frische Vichyssoise
schmeckt, so schlecht mundet sie 24 Stunden später.

An meine erste Vichyssoise erinnere ich mich sehr deutlich. Ich war
damals wohl acht oder neun Jahre alt. Meine Eltern hatten mich in ein
so genanntes Grand Restaurant mitgenommen. Dort wurde mir die Suppe in
einer Mokkatasse serviert. Dass es nicht irgendeine Tasse war, sondern
eine aus der berühmten Porzellanmanufaktur Royal Copenhagen, mit
blaüm Zwiebelmuster, gehörte zum Stil des Hauses. Ebenso
unvergesslich blieb mir jedoch der erste Löffel schaumig kühler
Vichyssoise! Kalte Milch zum Löschen Erst viele Jahre später begann
ich selber, ernsthaft zu kochen.
Nicht von Berufs wegen, sondern aus Freude, Neugier und schliesslich
aus Leidenschaft. Dass damit auch meine Suche nach der perfekten
Vichyssoise begann, versteht sich von selber. Es gibt nämlich viele
Arten von kalten Kartoffel-Sellerie-Suppen # aber lediglich eine
Vichyssoise.

Ihr Name verrät, dass sie aus Mittelfrankreich stammt. Tatsächlich
kochen die dortigen Bauernfrauen noch heute eine Lauch-Kartoffel-Suppe
ähnlicher Art. Damit die Aromen frisch bleiben und nicht
klebrig-leimig verkochen, stoppen die ländlichen Köchinnen den
Garprozess auf dem Höhepunkt des Kochens mit einem grosszügigen
Schuss kalter Rohmilch. Zweifellos hat sich der aus einem kleinen Dorf
bei Vichy stammende Louis Diat an genau dieses Gericht erinnert, als er
als Küchenchef des New Yorker Nobelhotels Ritz-Carlton die Vichyssoise
auf die Speisekarte setzte.

Abkühlung für erhitzte New Yorker Es war zu Beginn des letzten
Jahrhunderts; New York kannte noch keine Klimaanlagen. Um den Gästen
den stickig schwülen Sommer etwas zu erleichtern, eröffnete das
'Ritz-Carlton' einen Dachgarten mit Restaurant. Dort sorgte alsbald die
Vichyssoise für eine zusätzliche kühle Brise. Louis Diat wird sich
gedacht haben: Was französische Bauern erfrischen kann, tut auch
hitzegeplagten New Yorkern gut! Natürlich verfeinerte Monsieur Diat
das rustikale Gericht: Im Gegensatz zur traditionellen Zubereitung, bei
der der ganze Lauch verwendet wird, landeten in Diats Vichyssoise bloss
dessen weisse Teile.

Auch heute wird ein aromenbewusster Koch für eine Vichyssoise nie
Knollensellerie brauchen, sondern stets Stangensellerie. Denn
Knollensellerie bindet die Suppe mit viel Stärke, das Gericht glänzt
dann fast fettig. Stangensellerie hingegen würzt vielschichtiger und
delikater. Da die Vichyssoise nach dem Diätkurort in Frankreich
benannt ist, entsteht sie in der Originalzubereitung auch nicht mit
Hühnerbrühe. Die berühmten Carottes a la Vichy werden schliesslich
ebenfalls nicht mit Brühe, sondern mit Mineralwasser gekocht! Anders
gesagt: Die echte Vichyssoise muss mit blossem Wasser angesetzt werden.
Meine Versuche haben zwar gezeigt, dass eine Vichyssoise mit
Hühnerbrühe auch sehr gut schmeckt, auf eine handfest-köstliche
Weise. Die mit purem Wasser gekochte Vichyssoise ist jedoch
wolkengleich leicht und unverschämt elegant.

Dass sie selbst von gestandenen Küchenchefs immer wieder mit Butter
angesetzt wird, ist ein Jammer: Anstatt samtweich wird die Vichyssoise
auf diese Weise nur allzu oft ziemlich krümelig. Denn da die Suppe ja
kühl serviert wird, verfestigt sich die Butter wieder # und aus ists
mit der feinen Struktur# Gewürzt wird die Suppe so einfach und
geradlinig wie möglich.
Verwenden Sie Hühnerbrühe, schwingen deren Aromen auch in der
Suppentasse mit. Setzen Sie die Vichyssoise mit blossem Wasser an,
erhält sie logischerweise mehr Salz, um so genügend Kraft zu
entwickeln. Bei beiden Zubereitungsarten rate ich ganz am Schluss zu
einer Drehung mit der weissen Pfeffermühle über der Tasse. Fertig
gewürzt! Kein Paprika, kein Cayenne, kein Curry darf den klaren
Geschmack der Suppe stören.

Nicht zu viel Rahm verwenden Hüten Sie sich zudem vor einer allzu
grosszügigen Rahmzugabe: Ein ts pro Tasse genügt. Und vergessen Sie
keinesfalls den freigebigen Schuss Mineralwasser mit Kohlensäure.
Erst er verwandelt die kalte Suppe in jene bemerkenswerte Sommerkost,
die ich in jungen Jahren als Vichyssoise lieben gelernt hatte.

Stichworte: Kalt, Kartoffel, Sellerie, Suppe




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